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Kenia 22.02.2009 - 08.04.2009
"Sieben Wochen in einer anderen Welt"
Von Merit Sauter und Stefanie Bauernfeind
Stefanie wollte weg, mal wieder was erleben, Deutschland und dem ganzen Alltag entfliehen, am Beste ein Praktikum und so ist sie durch Zufall auf den Kindergarten in Diani aufmerksam geworden. Nach einem Treffen mit Teilen des Komitees war sie begeistert und nachdem sie mir mindestens eine Stunde am Telefon von dem Treffen berichtet hatte, ich genauso! Deswegen ging es kurz darauf auch für mich spontan zu einem Treffen nach Bremen und sofort war auch ich Feuer und Flamme. 

Die Zeit bis zu unserem Abflug war mit Klausuren vollgestopft und als wir am 22. Februar tatsächlich im Flugzeug nach Mombasa saßen, konnten wir es kaum fassen, dass es jetzt wirklich nach Afrika ging. Abgesehen von einem Touristenaufenthalt als Kind war es für uns beide das erste Mal in Afrika und wir machten uns viele Gedanken, wie es wohl sein würde, das Land, die Menschen, ihre Kultur. Aber nichts lässt sich im Nachhinein mit dem vergleichen, was uns dort erwartete. Zurück in Deutschland lässt es sich eigentlich nur durch die, fast ein bisschen abgedroschenen, Worte "in einer anderen Welt" beschreiben. Aber es ist wirklich so! Wir stiegen aus dem Flugzeug aus, erst einmal erschlagen von der Hitze und wurden dann von Tom, einem sehr netten Taxifahrer, abgeholt und bekamen den ersten Eindruck von Mombasa. Natürlich haben wir uns Mombasa chaotisch vorgestellt aber trotzdem einfach noch viel zu europäisch gedacht. Mombasa ist nicht chaotisch, es gibt einfach keine auf den ersten Blick ersichtliche Ordnung! Überall Menschen, Menschen, Menschen, es kommt einem vor wie bei einer Völkerwanderung. Überall hupende Autos, die wild durcheinander fahren, wie durch ein Wunder aber doch immer an einer Massenkarambolage vorbei schlittern. Überall wird auf der Straße verkauft, Läden, so wie wir es aus Deutschland gewohnt sind, gibt es fast keine, das Leben spielt sich einfach auf der Straße ab. Hinzu kommt, dass es für uns Kleinstädter natürlich auch seltsam war auf einmal tausende tief schwarze Menschen um uns zu haben und alleine durch unsere Hautfarbe schon aus weiter Entfernung sofort aufzufallen. Wir waren also mehr als froh, durch die verdunkelten Scheiben des Taxis geschützt zu sein. 

Angekommen im Kindergarten wurden wir von Edward und Joshua, dem Manager des Kindergartens total herzlich begrüßt! Ein Blick in die Gesichter mit den strahlend weißen Zähnen und wir haben uns sofort besser gefühlt. Dann wurden wir auch zum ersten Mal mit dem kenianischen Leitspruch "Hakuna Matata" (Kein Problem) und "Pole, pole" (Langsam, Langsam) vertraut gemacht. In typisch deutschem Arbeitseifer hatten wir uns nur schnell umgezogen und standen dann einsatzbereit vor unserer Tür, als uns Edward und Joshua erklärten, dass wir uns jetzt erst einmal hinsetzen sollten, relaxen und "Chai" (Tee) trinken. Wir hielten es aber nicht lange auf unserem Hinterteil aus und nach kurzer Einführung sind wir dann in unsere Klassen gegangen. Stefanie in KG2 zu den 4-5 jährigen und ich in KG1 zu den 3-4 jährigen. Dort wurden wir dann von Teacher Ameeda und Teacher Agnes noch einmal herzlich willkommen geheißen und von mindestens 20 Augenpaaren misstrauisch begutachteten. Beide Lehrerinnen haben uns dann total lieb in das Unterrichtsgeschehen eingeführt und natürlich müssen auch wir sagen, dass wir schon im ersten Moment total beeindruckt davon waren, wozu die "Kleinen" in ihrem Alter schon in der Lage waren. Wenn einem ein zweieinhalb jähriges Kind das Alphabet rauf und runter liest und dann noch die Zahlen 1-10 an die Tafel schreibt ist man, ich denke zu Recht, erst einmal baff. Dann ging es auch schon zum Mittagessen, bei dem uns dann auch "Nyanya", die Köchin und eigentlich kann man wirklich sagen "Gute Seele des Kindergartens" begrüßt hat. Von ihr gab es dann eine riesige Portion Ugali, Kartoffeln und Kohl und ab spätestens diesem Moment wussten wir, dass wir hier mit Sicherheit nicht abnehmen würden :-).

Nach dem Mittagessen ging es für uns beide mit Joshua nach Ukunda, der nächstgelegenen etwas größeren Stadt. Unsere erste Fahrt mit einem Matatu, kleinen Nissan Bussen, die hier das bedeutendste öffentliche Verkehrsmittel darstellen, verlief für Kenia ganz normal. Nachdem aber in das, mit 14 offiziellen Sitzplätzen ausgestattete Fahrzeug, die 18. Person einstieg und der "Schaffner" an der offenen Türe hing war für uns das Pensum an Neuem voll und wir waren heilfroh, dass Joshua bei uns war. Zurück im Kindergarten lernten wir alle anderen kennen. Daniel, den Busfahrer oder auch John, unseren "Askari" (Wachmann), der uns stolz seinen Pfeil und Bogen zeigte. Verständlicherweise waren wir an diesem Abend wie erschlagen und sind dann auch relativ zügig unter unseren Moskitonetzen verschwunden. 

Die folgenden Wochen wurden wir dann vollkommen in den Kindergartenalltag integriert. Nachdem der Schulbus den Kindergarten gegen 5.00 Uhr morgens verließ, kam er gegen viertel vor acht mit den Kindern zurück und bis dahin hatten sich auch alle Kinder, die von ihren Eltern zu Fuß zum Kindergarten gebracht wurden, eingefunden. Bis auf zweimal die Woche, wenn das Hissen der kenianischen Flagge auf dem Programm stand, sind wir meistens mit Bewegung in den Tag gestartet, das heißt eine Runde durchs Dorf, Dehn- und Muskelübungen oder wir haben das Sportprogramm mit dem Nützlichen verbunden und bei "Collecting Rubbish" das Kindergartengelände von altem Laub befreit, was bei den Temperaturen für uns schon an Extremsport grenzte. 
Ans Schwitzen muss man sich in Diani gewöhnen, denn es hört nach dem ersten Mal eigentlich nicht mehr auf :-). Tröstlich ist hierbei aber, dass sowohl Kinder als auch das gesamte Team genauso schwitzen und es deswegen als etwas total Natürliches angesehen wird. 


Nach dem Sport ging es für die Kids erst einmal auf die Toilette, damit im Unterricht kein Unglück passiert und dann in die Klassenzimmer. Sobald die Lehrerin das Klassenzimmer betrat war es mucksmäuschenstill im Raum und für uns war es total verwunderlich wie die Kinder in ihrem Alter schon so diszipliniert sein konnten. Die Ruhe war allerdings schnell wieder vorbei, denn um spielerisch Englisch zu lernen, wurde nun mit englischen Liedern gestartet. Singen heißt dort nur singen, wenn es die Leute im nächsten Dorf auch noch hören können, das heißt: umso lauter umso besser! Zunächst gewöhnungsbedürftig, dann aber einfach nur total lustig, die Kinder zu beobachten, wie sie versuchen noch lauter als ihr Nebenmann zu singen. In der Zeit als wir dort waren, haben wir ihnen "Bruder Jakob" oder "Das rote Pferd" beigebracht und natürlich war es für uns ein besonderes Vergnügen, die Knirpse deutsch reden zu hören. 
Danach waren dann wahlweise Mathematik oder Englisch auf dem Programm und wie gesagt, waren wir über den Leistungsstand der Kids schwer beeindruckt. Mann muss sich auch erst einmal darüber klar werden, dass diese Kinder alle ihre eigene Muttersprache haben, dann Suaheli lernen, im Kindergarten noch Englisch dazu kommt und das alles in den ersten 3 Lebensjahren. 

Anfänglich haben wir den Lehrerinnen mehr über die Schulter geschaut und kleinere Unterrichtssequenzen übernommen. Schon nach der ersten Woche aber, als dann für Teacher Agnes ein Meeting anstand, hat uns Joshua die Verantwortung für die eine Klasse überlassen und wir konnten uns in den ersten Alleingängen erproben. Natürlich hat uns dieser "Wurf ins kalte Wasser" zunächst erschreckt aber nach einem Tag mit ganz viel Gelächter von den Kindern und uns und dazu dem geschafften Unterrichtsstoff waren wir einfach nur stolz auf uns und vollends integriert und auch akzeptiert. 

Aber zurück zum Tagesablauf. Nach den ersten zwei Unterrichtssequenzen gab es dann von 10.00 bis 11.00 Uhr eine Frühstückspause mit "Poridge" (eine Mischung aus grobem Mehl, Wasser und Zucker zusammen aufgekocht) für die Kinder und "Chai" (Schwarztee mit Milch und ganz viel Zucker) für uns, den besonders ich sehr ins Herz geschlossen habe. Danach ging es an die dritte Unterrichtssequenz und von 12.00 bis 13.00 Uhr hieß es dann: zur Toilette, ab in den Schlafsaal und eine Stunde schlafen. Wir haben in der Zeit meistens an unserer Aufgabe, das Klassenzimmer von KG2 ein bisschen zu verschönern, gearbeitet und ganz viele Plakate mit englischen Vokabeln und den dazugehörigen Bildern gemalt. Um 13.00 Uhr wurde dann das große Wecken gestartet und die Kids fingen, teilweise noch ganz verschlafen an, sich in einer Reihe vor Nyanyas Küche aufzustellen. Die Portionen, die die Kleinen teilweise verdrücken, kann man sich kaum vorstellen, aber wenn man bedenkt, dass es für viele die einzige Mahlzeit am Tag ist, ist es gut verständlich. 

Nach dem Mittagessen fing dann um 14.00 Uhr die vierte Unterrichtssequenz an. Manchmal Kunst oder auch Umweltlehre, Hausaufgaben und zum Ausklang singen, singen, singen. Dann ging es für manche in den Schulbus, für andere an die Hand ihrer Mütter und für uns erst einmal in die selbst geflochtenen Korbsessel vor unserem Zimmer :). Nach kurzem Ausruhen haben wir unter der Woche meistens noch kleine Spaziergänge zu unserem Lieblingssupermarkt, ins Internet Café oder an den Strand gemacht, was nach anfänglicher Skepsis auch überhaupt kein Problem mehr war. Irgendwann kannten uns fast alle und von überall her ertönte ein freundliches "Jambo". 

Am Wochenende haben wir viele Ausflüge nach Mombasa oder auch in die Nationalparks Shimba Hills und Wasini Marine Park unternommen. Was waren wir stolz auf uns als wir, nach unserem ersten Schock am Einreisetag, völlig selbstständig durch Mombasa geschlendert sind und uns weder fremd noch bedroht, sondern einfach nur pudelwohl gefühlt haben. Auch die Matatufahrten wurden zur Gewohnheit und wir haben es immer wieder aufs neue genossen durch die Gegend zu fahren und die Leute, die draußen vorbei liefen, zu beobachten. Man sah eben doch immer wieder etwas Neues. Kurzum, schon nach kurzer Zeit haben wir uns sehr gut eingewöhnt, indem wir einfach versucht haben, die kenianische Lebensweise in uns aufzunehmen und uns auf alles einzulassen. Alles hat perfekt geklappt, so dass wir keinerlei schlechte Erfahrungen gemacht haben. 

Wir können beide gar nicht ausdrücken, wie dankbar wir für diese einmalige Erfahrung sind! Keiner von uns beiden kann diesen Aufenthalt mit irgendetwas, dass wir schon erlebt haben vergleichen und wir haben in dieser kurzen Zeit einen Einblick in das Denken der Kenianer und in das Leben in Kenia mit seinen Sonnen- aber auch Schattenseiten bekommen, der uns sicherlich in unserem weiteren Leben begleiten wird. Dominant ist natürlich vor allem die große Einsicht, dass es uns hier in Deutschland mehr als gut geht, dass es uns an nichts fehlt und wir großes Glück haben, auf dieser Seite der Welt geboren worden zu sein. Natürlich weiß man hier in Deutschland, dass es Menschen gibt, die mit fast nichts auskommen müssen. Aber das einmal wirklich zu erfahren, mit eigenen Augen zu sehen, diese Erfahrung war für uns beide sehr prägend. In diesem Zusammenhang haben wir natürlich auch erfahren, dass man als Europäer nicht tatenlos zusehen muss, sondern auch helfen kann. Wir haben großen Respekt vor dem Entschluss und der damit verbunden Arbeit den Kindergarten zu gründen und so erfolgreich am Laufen zu halten und sind sehr stolz ein Teil davon gewesen zu sein!

Wir wurden von dem ganzen Kindergarten in Diani Team so herzlich betreut und so lieb aufgenommen und wollen dafür zum Schluss noch einmal DANKE sagen. 

Vielen, vielen lieben Dank für diese Chance, wir werden Kenia und den Kindergarten in Diani nie vergessen! 
 


Stefanie und Merit
 
 
Merit und Stefanie am Strand des Indischen Ozeans
 




Stefanie, Joshua und Merit
Von links: Stefanie, Joshua und Merit vor dem Kindergartenschild.





Stefanie und Agnes
Lehrerin Agnes gibt Stefanie Informationen zum Lehrplan.





 
Merit wäscht Wäsche
Lehrerin Ameeda zeigt Merit wie in Kenia Wäsche gewaschen wird. 





Stefanie in der Küche
Stefanie in der kenianischen "Groß-Küche"





Alle zusammen
Die Kinder zusammen mit ihren Lehrerinnen.
Von links: Ameeda, Merit, Agnes und Stefanie.