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Stadtführungen in Bremen

 

Ruth, auf den Weg zur Schule...

 

 

 

Jambo,

ich heiße Ruth, bin 8 Jahre alt und wohne in Diani. Das liegt in Kenia in Afrika, dicht am Meer, dem indischen Ozean.

Heute bin ich von selbst sehr früh aufgewacht. Sonst weckt mich oft der Ellbogen meiner kleinen Schwester Sheela, denn ich schlafe mit meinen 4 Geschwistern auf einem großen Bett. Ich bin aufgeregt, denn morgen sollen alle 14 Schulkinder, die früher in den KiD-Kindergarten gegangen sind, noch einmal zum Kindergarten kommen. Dort sollen von uns allen Fotos gemacht werden. Und dafür will mir meine Großmutter heute nach der Schule viele schöne neue Zöpfe flechten.

Aber jetzt gieße ich mir erst einmal aus einem großen Kanister Wasser in eine Schüssel und wasche mich. Fließendes Wasser und Strom haben wir nicht. Und unsere Toilette ist ein Holzhäuschen am Ende der fünf Hütten hier am Platz. Zähne putzen muss ich auch noch. Und dann mach ich schon mal das Feuer in unserem kleinen Ofen an, damit meine Mutter später Tee kochen kann. Eigentlich gibt es zum Frühstück manchmal Ugali, Maisbrei, aber das Maismehl ist alle, und so nehme ich mir eine Banane, meine Hefte und laufe vor zur großen Hauptstraße. Ich habe meine blau-weiße Schuluniform an. Alle Schüler in Kenia tragen Schuluniformen, die Art und die Farben sind aber von Schule zu Schule unterschiedlich.

Hier an der Hauptstraße nach Ukunda, dort gehe ich zur Schule, wartet schon der Bus, mit dem wir zur Schule gefahren werden. Ich bin wieder mal die Letzte. Wir bekommen von KiD auch Fahrgeld, damit wir den weiten Weg nicht zu Fuß gehen müssen. Das ist auch sehr gefährlich, denn hier gibt es keine Wege für Fußgänger. Alle teilen sich die Straße.

Die meisten Kinder laufen viele Kilometer, nur wenige haben ab und zu Geld für ein Matatu, so heißen unsere kleinen Busse, und nach dem weiten Heimweg in der Mittagshitze sind sie dann völlig fertig.

Jetzt gehen wir großen KiD-Kinder in eine halb private Schule. In der Schule, wo wir eingeschult wurden, waren in unserer 1.Klasse ungefähr 70-80 Schüler, wir mußten uns zu viert einen Stuhl teilen, und unsere Lehrerin konnte auch nicht einzelnen Kindern mal etwas erklären. Da konnte ich nicht richtig aufpassen, und das Lernen hat mir gar keinen Spass mehr gemacht. Im Kindergarten habe ich gerne gezählt und gerechnet.

Seit die Leute vom KiD-Verein für uns das Schulgeld für die andere Schule, das Fahrgeld und die Uniform bezahlen, hat Mama nicht mehr so viele Sorgen und mir macht das Lernen Spass. Ich werde später Lehrerin oder so eine Frau, die den Gästen im Hotel Guten Tag sagt und die Zimmer zeigt.

Weil ich die Letzte bin, kann ich heute vorne sitzen. Wir müssen uns anschnallen. Bei uns fahren die Autos auf der linken Straßenseite. Die Straße hat ganz viele, zum Teil ganz große Löcher, und wenn unser Fahrer nicht aufpaßt, hopsen wir ganz schön durcheinander. In der Schule sprechen wir nur Englisch, sonst, so wie hier im Bus, reden wir suaheli. Hoffentlich sind meine Hausaufgaben dieses mal ordentlich genug. Jetzt muss unser Fahrer anhalten, weil ein Junge seine Ziegen über die Straße treibt. Die eine scheint nicht recht zu wollen.

Neben unserem Auto geht ein kleines Mädchen mit einer rot-weißen Uniform. Sie ist vielleicht 4 Jahre alt. Diese Uniform kenne ich. Die habe ich auch getragen, als ich noch im KiD-Kindergarten war. Das war eine schöne Zeit.

Meine Mutter hatte gehört, dass in der kleinen Kirche auf der anderen Straßenseite nah am Meer, ein Kindergarten aufgemacht werden soll. Sie hat den Mann, der ein wenig die Aufsicht hatte, gefragt, ob ich nicht auch dort hin gehen kann. Mein Papa ist gestorben und sie und Großmutter sind mit uns 5 Kindern alleine. 16 Kinder durften in den Kindergarten, und ich war auch dabei. Das war sehr aufregend, und am Anfang hatte ich etwas Angst. Aber dann bekam ich eine Kindergarten-Uniform, meine ersten, eigenen Schuhe und jeden Tag etwas Warmes zu essen. Ich habe mich wie eine Prinzessin gefühlt.

Mit Mariam, so hieß unsere Kindergarten-Lehrerin, haben wir kleine Lieder auf Englisch gelernt. Wir haben auch gelernt, wie man sich richtig anzieht, wie das alles auf Englisch heißt, was wir gerne essen, haben Singspiele gemacht und Fangen gespielt. Das Rechnen und die Buchstaben haben mir auch gefallen, aber dabei mußten wir immer still sitzen, und das gefiel mir nicht so. Als es im Winter kalt wurde, es waren nur noch 20 Grad, da bekamen wir sogar dunkelrote Pullover. Das war toll! Jetzt haben wir blaue Pullover, passend zu unserer neuen Schuluniform und natürlich auch größer.

Zu hause habe ich immer mit den Garis, das sind selbstgebaute Blechautos, von meinem Bruder gespielt. Im Kindergarten hatten wir kleine Bälle, Stifte, Schachteln, Bildertafeln und sogar ein paar Bilderbücher. Die habe ich mir gerne angesehen. Wenn wir eine Frühstückspause gemacht haben, brachte uns die Köchin Miriam Bananen. Die süßen großen, nicht die zum Kochen. Und zum Mittag gab es z.B. Reis und Gemüse.

Dann hat Großmutter mich abgeholt und manchmal bin ich auch alleine nach hause gegangen. Einmal konnte ich nicht in den Kindergarten, weil ich ganz hoch Fieber hatte. Meine Mutter ist zu dem Mann vom Kindergarten gegangen und hat ihm gesagt, dass ich krank bin. Da hat er ihr Geld für Medizin gegeben. Meine Mutter hat geweint, aber ich glaube, das war vor Freude, weil wir selbst keine Kenia-Shillinge mehr hatten.

In der nächsten Woche konnte ich schon wieder in den Kindergarten und spielen.

Später hat meine Großmutter mir gesagt, dass ich eigentlich noch einen großen Bruder habe. Aber der hatte auch mal ganz doll Fieber und da hat keiner meinen Eltern Geld geben können für Medizin. Da war ich ganz traurig und ganz froh zugleich und habe meiner Mutter einen großen Strauß Bogonvillen, bunten Blumen mit den langen Dornen, gepflückt. Die wachsen bei uns überall. Da haben wir beide wieder gelacht.

Einmal mußte dann die Kirche, wo wir unseren Kindergarten hatten, auf einen anderen Platz umziehen, weil die von der Regierung das Grundstück brauchten oder so. Aber der neue Platz war für mich sogar ein wenig näher, und sonst blieb auch alles so, wie es war.

Als ich sechs Jahre alt wurde, war es für mich und ein paar andere Kinder aus dem Kindergarten Zeit für die Schule. Wir haben beim Abschied ein wenig geweint, aber als wir dann die neuen Schuluniformen gesehen haben, haben wir uns gefreut.

Außerdem sind unsere Plätze im Kindergarten wieder frei geworden für neue Kinder, die dort jetzt, wie wir früher, spielen, lernen und essen können, bis sie in die Schule kommen und dann wieder neue Kinder...

Jetzt ist das kleine Mädchen verschwunden. Aber wir sehen uns ja morgen beim Fotografieren. Ein wenig beneide ich die Kleine, denn ich habe mir schon den neuen Platz angesehen, den die Leute vom KiD-Verein gekauft haben. Der ist ganz schön groß. Und da soll dann ein richtiges Haus aus Stein drauf, wo es im Sommer nicht zu heiß drin ist und bei Regen nichts durchregnet, und Wasserhähne zum Waschen und Platz zum Spielen und Toben und.... Aber wir dürfen auch mal vorbeikommen, hat Miriam, die neue Kindergartenlehrerin gesagt. Und vielleicht können wir ja auch zusammen Schularbeiten machen oder den Kleinen helfen.

Jetzt sind wir bei meiner Schule angekommen. Agnes, meine beste Freundin, wartet schon auf mich. Wir haben uns viel zu erzählen, und meine Frisur für morgen müssen wir auch noch besprechen und... Aber jetzt muss ich erst einmal lernen. Vielleicht werde ich ja auch Kindergärtnerin und vielleicht entdeckt Ihr mich ja auf einem der Fotos.

Kwa heri

Eure Ruth

 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
So sieht es bei uns zuhause aus
Bei mir zuhause...
 
 
 

 

 

 

 
 
 
Matatu
Dieser kleine Bus heißt in Kenia "Matatu" und mit solch einem Matatu werden wir zur Schule hin gefahren und auch wieder abgeholt.